Holly Golightly

#121
Port Vila/Vanuatu

Vanuatu – auf der Suche nach „Namberwan“

  • Reisegeschichten
Hoch die Flagge!
Est mal ausruhen – Holly Golightly an der Mooring vor Port Vila – der Hauptstadt des Inselreichs Vanuatu

In Vanuatu steht Rekonvaleszenz auf dem Programm. Als Erstes erkunden wir die Hauptstadt Port Vila, die einen auffallend robusten Charme verbreitet. Ein Grund dafür ist ein schweres Erdbeben, das am 17. Dezember 2024 immense Schäden angerichtet hat. Im Stadtbild "stören" seitdem auffällig viele improvisiert wirkende Parkplätze – so zumindest würde es der Kanzler formulieren :-). An deren Stelle standen vor dem Erdbeben Häuser, die schwer beschädigt oder total zerstört wurden und mittlerweile komplett weggeräumt sind.

Erst 2016 gebaut und vom Erdbeeben Anfang 2024 schwer beschädigt: die "neue" Markthalle
Frische Ware gibt's nun in kleineren, improvisierten Hallen

Besonders deutlich wird das Drama an der Markthalle, die nun irreparabel beschädigt und gesperrt ist. Ein Schild weist immer noch darauf hin, dass dieses Gebäude vom Staat Australien als Ersatz für die vom Zyklon Pam 2015 zerstörte Vorgängerhalle finanziert wurde.

Im Ranking der durch Naturkatastrophen heimgesuchten Staaten steht Vanuatu weltweit tatsächlich auf Platz eins! 
Ein weiteres Problem, so erzählt es uns ein Taxifahrer, besteht darin, dass die politischen Entscheidungsträger wohl die meiste Zeit im Ausland verbringen und dass die Gelder für den Wiederaufbau, die durchaus vorhanden sind, wohl irgendwie nicht dort ankommen, wo sie dringend benötigt würden. 


Nachmittags sitzen wir mit anderen Seglern in unserem Cockpit, und plötzlich startet Hollys Schiffsdiesel ohne jegliches Zutun – das denken wir zumindest, erschrecken uns mächtig und fürchten den nächsten Stress in Sachen Motor. Aber in dem Fall ist der alte Diesel unschuldig – was uns im Wasser kräftig durchrüttelt und schüttelt, ist tatsächlich ein erneutes Erdbeben!

Die Einwohnerinnen von Port Vila lieben es farbenfroh
Street-Art: Auch gerne …
… bunt!

In Sachen Genuss wird wird uns das Lokal „Number One“ empfohlen, das leicht zu finden, gleich vorne an der Waterfront liegen soll. Doch so sehr wir auch suchen, „Number One“ bleibt unauffindbar. So setzen wir uns in ein Lokal, das genau dort ist, wo wir die Nummer Eins vermutet hätten. Nach ein paar Minuten muss Franz plötzlich lachen, als er den Namen des Lokals richtig versteht: „Namberwan“ – was natürlich dem „Number One“ entspricht, aber in der hier üblichen (Amts)Sprache Bislama geschrieben wird.

"Number One" auf Bislama

Bislamá ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner unter den 108 Sprachen, die auf Vanuatu gesprochen werden, und zählt zu den englischbasierten pazifischen Kreolsprachen. Für 90 % der Bewohner ist es eine Zweitsprache, für 10 % – meist die Jüngeren – die Erstsprache. Viele Texte auf Bislama klingen für uns recht spaßig, da sie Englisch gesprochen, aber dem Deutschen verblüffend ähnlich geschrieben werden.

Wie schnell doch eine neue Hutmode …
… um sich greift

Im Café Nambawan treffen wir einen Insulaner, der eine ganz neue, sehr grüne Hutmode kreiert hat. Ein bis zwei Leguane zieren sein Haupt. Als Franz Interesse zeigt, kommt es schnell zu einer kleinen Anprobe. Letztendlich scheinen die grünen Kopfbedeckungen aber recht ortsgebunden zu sein. So bleibt Franz euch weiterhin frei von lebender Kopfbedeckung jeglicher Art – Gott sei Dank!

Mein Platz im Auto ist hinten
Ein invasives Einzelstück auf Vanuatu:
Der Scarabaeus Germanicus

Jacqueline mit ihrer Grinde stößt mit etwas Verzögerung auch wieder zu uns. Die ARC* ist ebenfalls wenig später vor Ort und so ist die Ankerbucht komplett gefüllt. Wir nutzen den tollen Mooringplatz im klaren Wasser, um Holly Golightly "untenrum" mal wieder etwas aufzuhübschen – außerdem füllen wir die Vorräte der Pantry auf.
 Auch gönnen wir uns, zusammen mit Jacqueline, einen kleinen Leihwagen, mit dem wir über die Insel düsen wollen. Autofahren auf Vanuatu ist recht spannend, da es hauptsächlich aus dem hoffnungslosen Unterfangen besteht, riesigen und unzähligen Schlaglöchern auszuweichen. Auf diversen Streckenabschnitten findet unfreiwillig eine Art Slalomtraining statt. Die vermeintliche Gerade wird durch die Schlaglöcher zum Hindernisparcours, und die hohe Fahrkunst besteht darin, in dem Moment, wo Gegenverkehr auf Augenhöhe ist, wieder auf der richtigen Seite zu sein. Nun wissen wir auch warum die meisten, die an diesem Training teilnehmen, einen Geländewagen oder große Pickups fahren – treffen die winzigen Räder unseres Leihwagens, die an Möbelrollen erinnern, doch mal eines der Schlaglöcher, dann droht akustisch jedes Mal der Achsbruch und uns steht der Angstschweiß auf der Stirn. Da soll sich zu Hause noch mal einer über die deutschen Straßen beschweren – gegen hiesige Pisten sind diese der pure Luxus. Wir schaffen es letztendlich aber trotzdem, ein paar schöne Ecken der Insel zu erkunden, ohne dass uns eines der Löcher verschlingt.

Schlagloch in Vanuatu-Size …
… hier mit "Schutzvorrichtung"

Am Anfang der Tagestour steht ein kleines Dorf auf dem Programm, in welchem man die traditionelle Lebensweise der Insulaner kennenlernen kann. Wir stellen unser koreanisches Schlaglochfindegerät am Dorfrand ab und begeben uns über kleine Wege in Richtung Zentrum. Sogleich befinden wir uns in einer Art Live-Theater. Junge Männer in sehr traditioneller Bekleidung empfangen uns mit lautem Skandieren und wilden Gebärden. Nachdem wir auf einem kleinen Platz angekommen sind, präsentiert uns der Chief vom Dorf sehr anschaulich und eloquent allerlei kulturelle Errungenschaften der Dorfgemeinschaft.

Fischkäscher aus Spinnweben …
… mit einer Seidenspinne als Lebendköder

Besonders beeindruckend ist eine lange Astgabel, die am Ende ganz dicht mit klebrigen Spinnennetzen umgarnt ist. Mithilfe dieses „Öko-Keschers nach Bionic-Art“ fangen die Vanuatuers Fisch auf den Riffen. Der Clou dieses Keschers: Im Netz sitzen noch ein bis zwei wirklich große Spinnen, die den Fischen als Appetizer dienen sollen!!! Besonders Mareike ist von den langbeinigen Kreaturen, mit denen uns der Chief vor der Nase herumfuchtelt, wenig begeistert.
Auch erklärt er uns einige Heilpflanzen und soziale Strukturen der Dorfgemeinschaften, die auf Vanuatu, vor allem auf den kleineren Inseln, noch heute so zusammenleben. An einem kleinen Stand lassen wir unbeeindruckt die einmalige Gelegenheit verstreichen, landestypische Souvenirs Made in China zu erwerben. Zum Abschluss wird auf dem großen Dorfplatz von einigen Männern eine Tanzeinlage präsentiert, die wiederum sehr unterhaltsam ist!

Im "Inneren" des Wurzelwerks eines Urwaldriesen suchen die Dorfbewohner im Fall eines Hurrikans Schutz
New kids …
… on the block
Hier tanzt man gerne

Banana Bay Beach Club heißt unser nächstes Ziel. Auf dem Weg dorthin entdecken wir dann eine Herde von Kühen, die friedlich in einer Kokospalmen-Plantage grasen. Franz mutmaßt daraufhin, dass diese ja wohl die überall erhältliche, köstliche Kokosnussmilch erzeugen. Was für ein Qu.... :-)

Seltene Kokosmilchkühe auf Vanuatu

Nach Erreichen unseres Ziels sind wir begeistert: Der kleine, äußerst geschmackvoll angelegte Beach Club ist ein echter Hingucker. Sehr pittoresk fügen sich ein Ministrand, viele kleine Sitzgelegenheiten, Tische, Liegen und eine Bar in eine natürliche Lagunenlandschaft ein. Alles wirkt sehr unaufgeregt und mit viel Liebe und Geschmack arrangiert.

Hier suchen wir uns ein schönes Plätzchen und gönnen uns Speis und Trank. Nach dieser Stärkung am Wegesrand machen wir uns auf den Heimweg der 1000 Schlaglöcher, was wir uns das auf keinen Fall im Dunkeln trauen.

Echte Schönheit: der Banana Bay Beach Club
Beste Aussicht auf den Pazifik
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