Holly Golightly

#91
Ua Pou

Wasserfall-Spa & harte Kämpfe an der Cockroach-Front

  • Reisegeschichten

Nach vier Tagen in der Daniels Bay zieht es uns schon wieder weiter. Gemeinsam mit der Moana wollen wir Richtung Tuamotus starten. Da es dort aber auf absehbare Zeit keine Möglichkeit geben wird, frisches Obst und Gemüse zu erstehen, wollen wir nochmal für etwas Nachschub sorgen. Es wäre natürlich eine Option, einfach zurück in die große, „rollige“ Baie de Taiohae zu segeln, der wir vor wenigen Tagen gerade erst entflohen sind, aber irgendwie hat keiner von uns vieren richtig Lust dazu. Somit entscheiden wir uns, auf der Nachbarinsel Ua Pou unser Glück zu versuchen.

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Vor Anker in rougher Umgebung

Aufgrund von beharrlichem Ostwind können wir allerdings nicht den Hauptort der Insel anlaufen, sondern landen nach nur 25 nautischen Meilen in der auf der Nord-West-Seite gelegenen Bucht mit dem schwer auszusprechenden Namen Baie D´Hakaetau.

Kurz vor Abfahrt müssen wir leider feststellen, dass unser mitsegelnder Gecko nicht mehr der einzige zusätzliche Passagier auf Holly Golightly ist. Bei einem kurzen Blick in die Bilge sieht Mareike sich Auge in Auge mit einer dicken, fetten Kakerlake! Das macht das Bord-Frauen-Herz so gar nicht glücklich :-( Also paddelt Mareike – kaum dass der Anker vor Ua Pou gefallen ist – rüber zur Moana, um sich mit Anti-Kakerlaken-Spray zu bewaffnen. Nachdem die Bilge ausgeräuchert ist, bekommt die besiegte Kakerlake eine anständige Seebestattung. Erstaunlicherweise finden sich keine weiteren Kakaerlaken-Opfer an. Und so hoffen wir sehr, dass dieses riesige Ungeheuer erst kurz zuvor seinen Weg fliegend auf unser Schiff gefunden oder dass der brave Gecko sich bereits um den Nachwuchs gekümmert hat.

Nachdem die Zahl der Mitreisenden nun wieder auf das akzeptierte Maß reduziert worden ist, paddeln wir am nächsten Morgen an Land. Der Schwell, der um den Anlege-Steg herum läuft, ist mal wieder spektakulär und beeindruckend, aber es gelingt uns gut, an Land zu klettern und Fred sicher festzumachen.

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Ua-Pou Harbour in der Baie D´Hakaetau - ausnahmsweise ohne fiesen Schwell

Direkt neben dem Steg ist eine Slipway, auf der normalerweise Boote zu Wasser gelassen werden. Was sich dort abspielt würde in Deutschland etliche Anrufe beim Jugendamt provozieren. Eine Gruppe Kinder stürzt sich mit viel Begeisterung in die großen Wellen, die sich auf der groben Betonbahn brechen und lässt sich absichtlich von der krassen Unterströmung ins bzw. sogar unter Wasser ziehen. Wer hier sorgsam wachende Eltern oder sogar Aufsichtspersonal vermutet, liegt völlig falsch. Der Spaß der anscheinend unsinkbaren Kinder ist jedoch gigantisch!

Von so viel Unbeschwertheit tief beeindruckt ziehen wir zu viert in das kleine Örtchen und finden auch umgehend den Miniatur-Lebensmittelladen. An dessen Tür klebt allerdings ein Zettel, dass er heute nur am Nachmittag geöffnet sein wird. Auch gut!

In Ermangelung der Einkaufs-Option beschließen wir, einen nahen Wasserfall zu besuchen. Es geht also wieder raus aus dem Ort und auf einem verschlungenen Weg stetig bergauf. Wir stellen fest, dass man auf Segelbooten eindeutig zu viel rumsitzt. Unsere Fitness lässt deutlich zu wünschen übrig. Wir stöhnen ein wenig vor uns hin und kämpfen nebenbei mit Mücken, die sich fröhlich über uns her machen.

Anscheinend haben wir den Abzweig Richtung Wasserfall verpasst, denn der Weg endet plötzlich an einem großen Tor. Hier lebt Manfred, genauer gesagt Schokoladen-Manfred. Von ihm haben wir schon auf Nuku Hiva gehört und seine selbstgemachte Schokolade im Regal eines Lebensmittelgeschäftes entdeckt. Franz schlägt mutig den Gong.

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Manfred ist nicht zu Hause, aber eine (seine?) Frau empfängt uns super freundlich und lässt uns verschiedenen Schokoladen-Sorten probieren. Nachdem sich jede Crew mit der tollen Nervennahrung versorgt hat und wir unsere Trinkwasserflaschen aufgefüllt haben, geht es wieder bergab.

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Manfreds Schokoladenfabrik
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Den Abzweig zum Wasserfall finden wir nun auch und nach ungefähr 15 Minuten Trampelpfad werden wir mit dem Anblick eines traumhaften Wasserfalls belohnt! Das letzte Stück des „Weges“ geht es über ein paar Felsen, dann durch einen Bach und schon können wir uns in ein ein großes, natürliches Bassin stürzen. Alle freuen sich riesig über dieses Süßwasser-Bad, es ist ein Fest!

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Hier ahnt Mareike noch nicht, was gleich ihren Weg kreuzt; …
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… ein riesiger 38-Füßler im Heavy-Metal-Look!

Wieder im Dorf hängt ein neuer Zettel in der Tür des Lebensmittel-Lädchens: „Heute geschlossen!“ Was nun? Der Törn zu den Tuamotus wird drei Tage dauern und einmal dort angekommen ist ungewiss, wann wir wieder an frisches Obst und Gemüse kommen werden.

Glücklicherweise treffen wir die Crew der „Mindelo“ auf der Straße, die berichtet, dass sie später am Tag von einem Inselbewohner Obst und Gemüse an das Dinghy-Dock geliefert bekommen. Mit Hilfe einer anderen Crew aus den USA finden wir die Oma des Lieferanten, die ihn netterweise anruft und eine weitere Lieferung für die Moana und uns für den nächsten Morgen um 6 Uhr arrangiert. Die Uhrzeit ist nicht wirklich unser aller Favorit, aber was tut man nicht alles für ein paar gesunde Lebensmittel!

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Während drei Crews mehr oder weniger aufgeregt im Dorf und um das Geschäft zickzack laufen, wird auch die Verkäuferin des Ladens auf uns aufmerksam. Nachdem sie unsere enttäuschten Gesichter sieht, ist sie bereit, nochmal kurz aufzuschließen – juchu! Neben ein paar Kleinigkeiten freuen wir uns alle, weil es Eier gibt! Obwohl auf den Marquesas überall Hühner herumlaufen, gibt es nur äußerst selten Eier in den Geschäften. Genauso verhält es sich mit Obst und Gemüse. Warum sollte es auch anders sein? Jede Insel erscheint uns auf´s neue wie ein Garten Eden. Alle Menschen haben eigene Gärten, in denen Mangos, Brot- und Sternfrüchte, Limetten, Papayas, Maracujas wachsen. Ein gutes Stück weit versorgen sich die Bewohner der Marquesas also selbst und es macht gar keinen Sinn, diese Waren in den Läden anzubieten. Als Europäer, die das bestaunen, überlegen wir natürlich gleich, was für ein Geschäft die Insulaner mit all ihrer ungenutzten Ernte machen könnten, wenn sie diese an die Segel-Crews verkaufen würden. Aber die Welt tickt hier anders.

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Beschaulich, buntes Hakahetau

Das dürfen wir auch am nächsten Morgen feststellen, als ein freundlicher junger Mann, wie versprochen Obst liefert (das mit dem Gemüse hat irgendwie nicht geklappt - vielleicht auch ein „Lost in translation - Problem). Wir suchen uns aus seinem Angebot aus, was wir benötigen und fragen ihn nach dem Preis. Den weiß er nicht, fragt stattdessen, was wir ihm geben möchten. Puh, das ist auch nicht so einfach! Jede Crew hat sich eine große Tasche vollgeladen. Wir bieten ihm jeweils 1000 Französich Polynesische Franc (so ca. 8 Euro) an, mit denen er super zufrieden ist. Nicht nur das, er bittet uns höflich, doch bitte auch die übrige Ware mitzunehmen, damit er sie nicht wieder nach Hause fahren muss! So paddeln wir immer noch leicht müde, aber super glücklich über diese wunderbare Begegnung wieder auf unsere Boote und machen uns startklar, um zu den Tuamotus zu segeln. Wir wollen weiter und doch fällt uns der Abschied schwer. Was sind wir für Glückskinder, dass wir diese abgelegene Inselgruppe erleben durften!

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Mauruuru Marquesas! - Die Maus würde jetzt sagen: „Das war Polynesisch!“ - Danke Marquesas!

Wer hier das eine oder andere passende Foto vermisst, dem sei verraten, dass diese – zusammen mit Mareikes Iphone – Opfer einer ungeplanten Seebestattung vor Huahine wurden :-(

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